Die Feldkircher (Vorarlberg) Familie Mörlin war im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit ein wappenführendes Patriziergeschlecht. Immerhin war sie so bedeutend und wohlhabend, daß ihr Wappen in Erinnerung an eine oder mehrere von ihnen gemachten Stiftungen noch in den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhundertes auf Feldkirchens Rathaus abgebildet wurde. Zu ihr entnehme ich den Familiengeschichtlichen Blättern 1930, S. 158: Hugo Mörlin, * 1359?, gest. Feldkirch - und dann wurde dort 1402 ein Johann geboren. Der nächste Hugo * Feldkirch 1446, gest. ebd. 1518, war verh. mit Lucia Ebenko, die dort 1513 starb. Weiter mit ihrem Sohn; Jodokus Mörlin: Jodok Mörlin wurde um 1490 in Feldkirchen in Westösterreich nahe der (heute) deutschen Grenze geboren. Dieser Vorname ist in Deutschland so gut wie unbekannt. Seinen Ursprung hat er wohl im keltischen "iud" für Kämpfer, Krieger oder schlicht Herr. War hier in Restdeutschland kaum jemand darauf gekommen, Jodokus genau so auf Jodok zurück zu führen, wie Maximilianus auf Maximilian und Joachimus auf Joachim, konnte ich mich um so mehr um den Erfolg meiner Suche nach Jodok Mörlin im Internet freuen. Sofort wurde mir bestätigt, daß mein Vorfahr aus Feldkirchen im Vorarlberg (und nicht, wie bisweilen angegeben, in Schwaben) stammte. Einige Bürger Feldkirchens mit seiner romantischen, mittelalterlichen Altstadt suchten in anderen Regionen des Reiches voran zu kommen. So Jodok Mörlin. Die Redaktion der Vorarlberger Nachrichten spricht in diesem Zusammenhang von einer "intensiver Bildungsmigration" aus Vorarlberg. Auch Jodok Mörlin suchte den Ort, wo er am Besten voran kommen konnte.
Auf seine Empfehlung kam Jodok Mörlin (natürlich war Jodok sein ursprünglicher Name, überliefert oft auch als Jodocus Morlinus) 1520 zunächst als Conventor (Pfarrverweser) und ab Januar 1521 als Pfarrer nach Westhausen in Thüringen. Luther konnte so endlich eine schon überwiegend evangelische Region mit einem "rechtgläubigen" Geistlichen versorgen, und gleichzeitig einem Mitstreiter der Reformation, von dem er noch im März 1521 meinte, dass Magister Jodokus Mörlin "unvermögend und sehr arm" sei, zu besseren Einkünften verhelfen. Etwas genauer heißt es: "Denn nachdem der letzte päpstliche Pfarrer Henningus Gode anno 1520 mit Tod abgegangen, und der Pfarrdienst vacant worden war, so wurde 1521 im Frühling M. Jodocus Morlinus, Presbyter Magdeburg Diözes und Professor Philosophie zu Wittenberg, von dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen und seinem Bruder Herzog Johannsen zu Sachsen, dem Bischof Konrad zu Würzburg, als eine wohlqualifizierte Person, zu solchen Pfarrdienst präsentiert, auch auf Befehl des Weihbischofs, Joh. von Guttenberg, durch den Archidiakonus Joh. von Lichtenstein anno 1521, den 9. April, gewöhnlicher Maßen investiert und eingewiesen". Mit der Einsetzung Mörlins wollte Kurfürst Friedrich der Weise auch den Einfluss Würzburgs am südlichen Ende seines Landes zurückdrängen. Offensichtlich mit Erfolg; die Heldburger Unterländer sollen in Scharen zu Mörlins Predigten gepilgert sein, ehe sie selbst einen protestantischen Pfarrer bekamen. Für Mörlin, der schon in Wittenberg Vater von mindestens fünf Söhnen geworden war und an ständigen Geldnöten gelitten hatte, war seine Empfehlung für den Pfarrdienst in Westhausen durch Martin Luther sehr angenehm, da der Ort der Universität Wittenberg seit 1502 inkorporiert (= Einverleibt, ihr Eigentum) war. Als Kurfürst Friedrich der Weise diese Universität gegründet hatte, hatte er sie mit Besitztümern ( "... den austräglichsten Pfarreien im ganzen Lande"), darunter Westhausen, ausgestattet, damit die Professoren ausreichende Einkommen hatten. Die Universität Wittenberg konnte also seit 1502 die jeweiligen Pfarrdienste in Westhausen vergeben und sich jährliche Abgaben vorbehalten. Diese "Pensionen" musste auch Mörlin in den ersten Jahren seiner Tätigkeit in Westhausen nach Wittenberg liefern. Einige Male versäumte er diese Abgaben. Sie wurden ihm aber 1528 von den Visitatoren erlassen. Offensichtlich waren in jenen Jahren die Einkünfte aus der Pfarrei, insbesondere dem Pfarrgut nicht ausreichend. Das alte Pfarrgut Westhausen umfasste noch im 19. Jahrhundert 90 Acker Feld und 12 Acker Wiesen. Pfarrer Carl Haver, der nach dem Zweiten Weltkrieg in Westhausen wirkte, schrieb nieder: "Zur Westhausener Pfarrei gehörte ein Landbesitz von 20 Hektar. Das war mehr als die meisten Bauern ihr eigen nannten." Doch zurück zu den Zeiten Mörlins. 1528 hatte der Pfarrer außerdem Anrecht auf die Abgabe von Holz, Getreide und Erbzinsen, erhielt 23 Gulden vom Zehnt in Gompertshausen und durfte zehn "Nößer" (Nasen, gemeint ist Rindvieh) schuttfrei (d.h. ohne an den Hirten Viehfutter auszuschütten) mit der gemeindlichen Herde in der Westhäuser Flur treiben lassen. Wegen Saufens wurde M. Jodokus Mörlin bei der Visitation von 1528 angedroht, ihn abzusetzen, wenn er sich nicht bessere. Die Akten überliefern hierzu: "Obwohl das Pfarr-Volk ihm seiner Lehre halben das Zeugnis gab, dass er in Predigung des göttlichen Worts allen Fleiß tue, und sie an ihm keinen Mangel hätten, so beschwerten sie sich doch, dass er sich den Trunk überwinden und bekriegen ließ. Darauf ist ihm der Bescheid gegeben worden, sich solch seines Saufens und Trinkens zu mäßigen, und in dem Fall ein erbarlich züchtig Leben zu führen. Wo nit, sollt ihm kein ander Straf fürstehen, dann dass er der Pfarr entsetzet werden soll. Wie ihm denn auch jetzt fürgestanden wäre, wo er nit als ein Magister und Glied der Universität Wittenberg sonderlich bedacht wäre. Denn wiewohl es nicht ohne, dass er seiner Person halb gelehrt und geschickt genug sein möchte, so wolle sich doch das ärgerlich Leben mit dem Saufen, wie ers gepflogen, ferner nicht leiden." Mörlin gelobte Besserung und in den folgenden Visitationsberichten folgten fortan nur lobende Erwähnungen seiner Person. Magister Jodocus Mörlin versah sein Amt in Westhausen 30 Jahre. Er verstarb am 15. September 1550. Im letzten Jahr seines Wirkens ist die jetzt noch stehende steinerne Kanzel in der Kirche errichtet worden, wie die daran befindliche Jahreszahl 1550 anzeigt. Dass auch Martin Luther mit den Zuständen im Hause Mörlin jetzt zufrieden war belegt auch seine Aussage über Jodok Mörlin in einer Tischrede vom August 1540; er freyet aus lieb ein arm schön Kind und hatt nicht das brot im haus, nuhn beschert uns Gott eine gute pfarr und hat ihm feine kinder geben, denn Gott gedenckt: "Es ist mein ordinatio (Regelung), ich muß ihm gnug geben." Das "arm schön Kind", von dem Luther sprach, war wohl Jodok Mörlins zweite Frau Anna geb. Hausknecht, von er nicht ganz klar ist, ob sie aus Wittenberg oder doch aus Lindau stammte. Meine Vorfahren heirateten um 1515, nachdem Jodokus 1. Frau Margarete, Tochter eines Verwalters von Herzog Friedrichs Weinbergen um 1514/15? gestorben war. Angeblich bekam das Paar 12 Söhne schon in dieser 2. Ehe Mörlins. Jodok, nicht nur als Reformator warst Du hoch aktiv! Vier Söhne Morlins haben seinen Namen unsterblich gemacht. Der älteste D. Joachim Mörlin stand in vielen Orten (Wittenberg, Eisleben, Wollin, Arnstadt, Göttingen, Schleusingen, Königsberg in Preußen und Braunschweig) in Kirchendiensten. Er starb als Bischof in Samland am 13. Mai 1571. D. Maximilian Mörlin, mein Vorfahr, war Prediger in Pegau, Zeitz und Schalkau, dann Hofprediger zu Coburg, und zuletzt dort Generalsuperintendent. Er starb 1584 und hinterließ 12 lebende Söhne. Der dritte Sohn von Jodocus, Stephan Mörlin, geboren zu Westhausen, war Magister, dann Diakon zu Coburg, und schließlich Pfarrer zu Hildburghausen, wo er 1604 verstarb. Vierter Sohn Jodocus Mörlins war Georg Mörlin, der 1582 Schulmeister in Westhausen wurde. Er gab dieses Amt auf und betrieb mit seiner Frau Barbara Graffin, gebürtig ebenfalls aus Westhausen, einen Bauernhof. Mein Vorfahr Jodok hatte außer acht Söhnen in Westhausen auch eine Tochter, zu bedeutungslos, als dass ich auf Aufzeichnungen über sie hätte stoßen können. Aber vielleicht gibt es ja eine genealogische Feministin, die hier für mehr Klarheit sorgt? Verlassen Sie sich nicht nur auf mich als Retter an der Ahnenfront! Wichtige Quelle hierzu: "Magister Jodocus Morlin und die Reformation im Heldburger Land" von Reinhold Albert Nach all dem dürfen wir uns nicht einbilden, daß Jodok Mörlin mehr gewesen wäre als Fußvolk, bestenfalls "Unteroffizier" der Reformation. In einer Sammlung mit Briefen Martin Luthers wurde er zwar einmal erwähnt, aber ein Brief an ihn wurde mindestens nicht mit in die Sammlung aufgenommen. Adererseits erwähnte ihn Martin Luther in einem mir überlieferten Tischgespräch, ging also davon aus, daß er seinen Ge- sprächspartnern bekannt und für sie auch nicht ganz uninteressant war. Erheblich mehr Aufmerksamkeit bei Um- und Nachwelt fanden und finden seine Söhne: Maximilian Mörlin (1516-1584), sein Sohn und ebenfalls mein Vorfahr: Geboren in Wittemberg, wurde er wegen der Bauernunruhen 1525 nach Konstanz "ausgelagert" und sollte dort wegen der Geldknappheit seines Vaters Schneider werden. Erst nach langem Zureden von Freun- den durften er und sein älterer Brunder Joachim doch noch zur Universität. Schon als 17jähriger wurde er 1533 in Wittenberg für das Winter- semester eingeschrieben und studierte hier bei Luther und Melanchton Theologie. Am 19. Sept. 1538 wurde er Magister der Freien Künste und am 17. Aug. ordiniert. Er war also mit 22 Jahren Magister und mit 23 Pfarrer. Bei Martin Luther hatte er einen hervorragenden Eindruck hinterlassen, schrieb der doch am 6. Aug. 1539: "per omnia placet" (Er gefällt mir in jeder Hinsicht). Schnell erwarb Mörlin sich einigen Ruf in seinem Fache und wirkte mehrfach, mit anderen prominenten Lutheranern, in verschiedenen deut- schen Staaten bei der Befestigung der Reformation mit. Schon kurz nach seinem Studium wurde er Priester in Pegau, und gleich darauf in der großen und wichtigen Stadt Zeitz Pfarrer. Auch war er zwei mal Hofprediger in Coburg: Das erste Mal 1544 auf Berufung durch Herzog Johann Ernst von Sachsen. Der mußte erst den Bürgern von Schalkau, wo Mörlin zwischenzeitlich gelandet war, einen wirklich guten Nachfolger versprechen, weil sie ihn nicht ziehen lassen wollten. Kurz darauf promovierte Maximilian Mörlin in Wittenberg zum Doktor der Theologie. Noch Luther selbst hatte ihn zur Promotion zugelassen. Diese wurde dann die erste nach Luthers Tod. Der hierbei abgehaltenen theologischen Diskussion hörte halb Wittenberg zu. Über das Gebiet Coburgs hinaus engagierte Maximilian Mörlin sich während des "Interims", mit dem Kaiser Karl V. die Kirchenspaltung rückgängig machen wollte. Verständlich, wenn man bedenkt, wie allein der 30jährige Krieg Deutschland verwüsten sollte. 1548 gab er auf Wunsch des Fürsten von Coburg ein Gutachten dazu ab. Er hielt das Interim - und diese Ansicht setzte sich durch - für einen faulen Kompromiss. Natürlich exponierte er sich so. Sein Bruder Joachim schrieb ihm: "Wenn Du nicht bleiben kannst, wenn Du hinausgeworfen wirst, komme zu mir!" und "komme zu mir mit deinem Weibe und deinen Kindern. Solange ich noch einen Bissen Brot habe, werde ich Dich nicht verlassen, sondern ihn mit Dir teilen" (Übersetzung). Dies war nicht ganz aus der Luft gegrifffen. Sein Herzog Johann Friedrich wurde beim Versuch, für sein Haus die Kurwürde wieder zu erlangen, in die sogenanntenin "Grumbachschen Händel" verwickelt. Hatte Ritter Grumbach lange Zeit sehr geschickt und erfolgreich operiert, galt er schließlich als - historisch letzter - Brecher des ewigen Landfriedens und wurde mit der Acht belegt. Ihm wurde das Herz hinaus gerissen und er wurde gevierteilt. Auch Herzog Johann Friedrich, der sich vor Grumbach gestellt hatte, kam in Acht und für den Rest seines Lebens in Gefangenschaft. Das Land kam zunächst unter die Verwaltung seines Bruders Johann Wilhelm. Unter diesem, einem Flacianer (eine andere streng lutherische "Fraktion") wurde Maximilian Mörlin 1569 seines Amtes enthoben und des Landes verwiesen, auch wenn dies dem ausdrücklichen Willen der Bürger Coburgs widersprach. Gleich darauf wurde er Generalsuperintendent und Hofprediger in Dillenburg an der Lahn, und führte auch dort die Reformation ein. Damit arbeitete er im Zentrum des holländischen Widerstandes gegen die spanischen, katholischen Landesherren, der schließlich zur Trennung von Deutschland führte. Wilhelm von Oranien-Nassau war erst 1567 vor der katholischen, spanischen Besatzungsarmee in seine Heimat hier zurückgeflohen und organisierte vom Dillenburger Schloß aus den Widerstand der Niederlande gegen Spanien. In Erinnerung hieran besuchen noch heute Angehörige des niederländischen Königshaus Dillenburg regelmäßig. 1569 wurde Wilhelm vom Kaiser geächtet. Als strammer Lutheraner geriet Maximilian Mörlin in Dillenburg bald mit den reformierten Sympathien Graf Johanns aneinander. 1572/73 konnte er nach Fürsprache des inhaftierten Johann Friedrichs nach Coburg zurückkehren. Nachdem Johann Friedrichs Söhne an die Regierung gekommen waren und Johann Wilhelm 1573 gestorben war, wurde M. wieder in seine früheren Ämter eingesetzt, und wirkte nun seinerseits an der Vertreibung der Flacianer aus dem Lande mit. Auch sonst war das Leben eines Mitstreiters der Reformation nicht ohne Risiko. Ich weiß von mindestens einem Reformatoren, dass Maximilian Mörlin ihm Zuflucht gewährte. Als Hofprediger von Coburg wirkte Maximilian Mörlin auch bei der Einführung der Reformation in Baden-Durlach mit, wobei er sich ebenfalls als strenger Lutheraner erwies. Er begleitete er Herzog Johann Friedrich bei dessen Reise 1560 zu Friedrich von der Pfalz, um diesen zum Festhalten am Luthertum zu bewegen. Mit andern prominenten Theologen führte er dort auch eine Disputation über die Abendmahlslehre. 1576 arbeitete Maximilian Mörlin dann in Torgau bei der Formulierung der Urfassung der Konkordienformel mit, einem Dokument, das in das sozusagen lutherische Grundgesetz, die Bekenntnisschriften eingehen sollte. Deren Bedeutung wird schon dadurch aufgezeigt, daß sie in ihrer endgültigen Fassung von drei Kurfürsten, zwanzig Fürsten und Prinzen, 24 Grafen, vier Baronen, 35 freien Reichsstädten und 8.000 Geistlichen unterschrieben wurde. Die letzteren stellten zu dieser Zeit zwei Drittel der Lutherischen Kirche Deutschlands dar. Ach ja: Maximilian Mörlin wurde 67 und hinterließ 12 (tschuldigung, ich war noch nie gut im rechnen) Kinder. Durch seine Arbeit in Coburg (weiß nicht, warum Coburg unsichtbar bleibt, trotzdem funktioniert der Link) wurde er auch mein Vorfahr. (von mir zusammengestöpselt)
"Mörlin Uralt"?: Der Archivar, der mich aufgeklärte, daß die Mörlin ein wappenführendes Patriziergeschlecht gewesen seien wies mich auch auf ein mehrere hundert Jahre altes Buch über die Familie Mörlin hin. Jetzt wurde es plötzlich mythisch, und die Geschichte meiner Familie reichte nun bis ins klassische Altertum zurück. Nur das die Mörlin plötzlich (z.T. von, oder sogar Herzog von) Mohr hießen, also adelig waren ... Ich weiß nicht so recht, wie weit ich dies ernst nehmen kann ... Aber vielleicht können Sie mich weiter aufklären? Dafür wäre ich Ihnen wirklich dankbar. Immerhin wurde auch noch über hundert Jahre später in der Leichenrede eines Mörlins, der als Pfarrer in Ostpreußen gelandet war, angeführt, beide Eltern Jodoks seien aus adligem Geschlecht gewesen. Sicher waren sie aus gutem Hause. Ihr - - - - gruner@a-gr.net oder andreas.gruner@gmx.de , Bonn |