Da war ich schon in der Oberstufe, und auf dem Beethoven waren jetzt auch Mädchen. Einige begannen sogar schon, interessante Formen anzunehmen. Interessant war auch das Forum, unsere Schulzeitung mit ihrer Rubrik "Hört, hört, aus Lehrermund". Interessant vor allem, als ich hier einmal eine meiner Zeichnungen veröffentlichen konnte. Mit unserer Schulklasse fuhren wir nach
London. Unsere Englischlehrerin war mit. Jetzt wurde deutlich,
daß sie eigentlich ziemlich hübsch war; ihre Hotpants
standen ihr vorzüglich. Jetzt sah sie fast so gut aus, wie
die rothaarige Referendarin mit ihren Mini-Miniröcken. Einer
von uns war mal zu ihr gefahren und hatte ihr einen Liebesbrief
gegeben. Das heißt, den Liebesbrief hatte er dem Mann gegeben,
der aufmachte, als er klingelte. Unsere Abiturfahrt machten wir nach Italien; schließlich war das BG ein Humanistisches Gymnasium, wenn ich auch Französisch, und nicht, wie mein Vater, Griechisch gelernt hatte. Wir bewunderten nicht nur den Tempel in Paestum und die Spanische Treppe in Rom, sondern auch, wie lange wir die gleichen Autos aus dem Hotelzimmer sehen konnten: 40 Minuten. Italien, eben. 1973 machte ich - inzwischen waren zwei Kurzschuljahre vorüber - Abitur und fing nach ein paar Wochen Praktikum bei der Sparkasse Bonn an, Jura zu studieren. Ich habe vor, meinen ganzen Lebenslauf noch einmal zu überarbeiten. Er war ursprünglich entstanden, als ich nach meiner schweren Verletzung den Verlauf meines verlorenen Lebens überhaupt wieder auf die Reihe zu bekommen versuchte. Inzwischen möchte ich viel klarer, als noch hier, zum Ausdruck bringen, dass ich ihn, und grade meine Beziehungen zu Frauen, nicht für ein einziges Ruhmesblatt halte. Ich nehme darum vorerst grade detaillierte Teile hinaus, in denen auch andere mit ganzen Namen genannt sind. Schon jetzt möchte ich sagen: Nicht zuviel Sex wird normalerweise ein Problem sein, wohl aber zu wenig Liebe. Für den Moment möchte ich es hierbei belassen. Durch meinen Klassenkameraden, den Pfarrerssohn Manuel Köhler lernte ich im Jahr vor meinem Abitur bei Pützchens Markt Do. kennen, mit der dann ich den ersten Geschlechtsverkehr hatte.
V. li.: Do. mit Schwestern und Dogge Ula, "Manu", Büste Do.
Do. hatte einen Offizier als Vater; die Familie hatte ein Haus in Küdinghoven und eine Deutsche Dogge. Bisweilen gefiel es Do.s kleineren Schwestern, die Tür zu öffnen, wenn wir uns halbnackt befummelten, und die Dogge herein zu lassen. Die wurde dann schrecklich eifersüchtig und fing an, bedrohlich zu knurren. Wo wir doch wirklich damit genug zu tun hatten, uns gegenseitig mit unseren Geschlechtsteilen zu beschäftigen. Leider lief oft Abba dazu. Nach mehreren Monaten bekam ich dann das Angebot, mit Do. zu fögeln. Do. bekam zwar die Pille, die aber bei ihr, so hatten ihr ihre Eltern erklärt, nicht wirkte, sondern ihr aus medizinischen Gründen verschrieben worden war. Natürlich nahm ich Do.s Angebot an. Das war nicht lange vor meinem 18. Geburtstag. So ganz neu war mir das Liebesleben ja auch nicht gewesen; schon kurz davor hatten Manuel und ich A. Kr., auch Offizierstochter, aber aus dem Tannen- busch, mit in die Scheune, einen privater Hippietreffpunkt mit ausgeflippter Musik und buntem Licht, vor allem aber auch der Spielwiese, einem ganz mit Matratzen und ähnlichem ausgelegten kleinen, abgeschlossenen Raum mitgenommen. Diesmal lud ich sie in die Spielwiese ein.
Mangels Präservativen mußte ich mich jedoch leider zurückhalten. Nun führte ich ein anstrengendes Leben; mal hierhin, mal dorthin. Aber seltsam, Manuel schien mit A. nicht gut auszukommen. Bei einem Besuch zuhause, meine Eltern waren grade weg, stritt er sich sehr mit ihr und beschoß sie schließlich mit seiner Gaspistole. Damit war meine Doppelbelastung beendet.
Seitdem konnte ich mich wieder uneingeschränkt Do. widmen.
Schließlich aber trennte ich mich von ihr, nicht, weil
mir die Pariser mit ihr zu häufig platzten, sondern, weil
wir doch zu verschieden waren; da halfen ihre langen blonden
Haaare auch nichts. (Mein Verhalten tut mir inzwischen leid,
nicht nur für Euch, sondern auch für mich selbst -
denn auch ich habe nur wenig von dem bekommen, was Ihr mir zu
geben bereit wart. Ich denke, so viel sich anbietenden Nähe ertrug ich einfach nicht.) Meine Schwester Susanne tanzte Ballett und ritt gerne. Nach ihrem Abitur fing sie an, Medizin zu studieren, was vielleicht eigentlich schon unsere Mutter vorgehabt hatte. Aber erst machte sie eine große Reise; sie besuchte eine Klassenkameradin in Teheran. 1975 wechselte ich dann wieder in meine Heimatstadt Heidelberg. Hier zog ich zuerst in ein möbliertes Zimmer im ersten Stock in der Villa der Familie Dreher in der Markscheide 12, knapp oberhalb der Von-der-Tann-Straße. Im ersten Stock wohnte sonst nur noch der Sohn der Familie. Einmal in der Woche hörte ich dann aus seinem Zimmer religiöse Gesänge. An diesem Tage kam viel Besuch; die Drehers gehörten einer Sekte an. Gut bürgerlich wie eh und jeh war die Gegend hier
am Berghang. Bei mir ging es etwas anders zu,
in meinem ziemlich kleinen Zimmer mit Klappbett und Herdplatte
auf dem Kühlschrank. Auf diesem Klappbett standen auch meine
Anlage und immer mehr Schallplatten. Und immerhin hatte ich einen
Balkon, auf dem ich einmal Cannabis Sativa anpflanzte. Die Zimmer
unter dem Dach waren auch vermietet, dort wohnte unter anderm
ein Amerikaner, der davon lebte, daß er mit seiner Band
in Army-Clubs auftrat.
Etwa um 16:00 Uhr trampte ich fast täglich in die Stadt, die Gitarre unter dem Arm, hin zur Freeclinic, zur Walnuß, bald meine neue Heimat. Einmal in der Woche besuchte ich die Tanz- gruppe. Er konnte schon einmal vorkommen, daß nach dem Ende der Tanzgruppe hier eine Araberin oben ohne herumsaß, so heiß war ihr. War echt SEHR ansehnlich, was sie so vorzuweisen hatte. Hier bestätigte sich die Annahme, wegen derer ich auch nach Heidelberg zurückgekehrt war: Es war viel mehr los in der Szene Bonns. Die Freeclinic z. B. hatte sich aus dem Release entwickelt, einer Organisation zur Rehabilitation Drogensüchtiger und zur Verhütung solcher Mißstände. Die Freeclinic, und hier die Walnuß, ihre Teestube, in deren Team ich mitmachte, wurde schnell mein neuer sozialer Lebensmittelpunkt. In der Wallnuß, wo ich einmal die Woche Dienst hatte, spielte ich fast täglich ein paar Stunden Gitarre. Und Leute traf ich natürlich auch. Nach zehn Uhr wechselte ich meist dreimal in der Woche ins Cave, eine Disco mit vernünftigen Leuten und vernünftiger Musik. Die Tanzfläsche war, schon des Kellergewölbes wegen, ziemlich klein. Ich war schon fast zwei Jahre nach Heidelberg gezogen, wo szenemäßig und mit der Freeclinic doch einiges los war - das Underground in Bonn war nun, ebenso wie die Kiste und das 46, geschlossen, was mir den Umzug dann doch etwas leichter machte, als ich in Bonn das Madox kennenlernte. Das Madox, eine Art Disco mit heißer Musik und heißen Frauen. Hier lief viel Funk und Steely Dan, die ich hier mit "Haitian Divorce" kennen und bis heute lieben lernte. Unter den Frauen waren viele, die ich schon von der Bonner Szene kannte. Aber das die ganze Hippiegeschichte vorbei war, war hier in Bonn ganz klar. Auch der verschärfte Aufzug vieler von ihnen ließ keinen Zweifel daran aufkommen. Das Madox war viel schicker eingerichtet, als ich es bis dahin gewohnt war. Der Chef des Madox war, soweit ich weiß, ein ehemaliger Zuhälter. Eines Tages war er verschwunden; ein abgewiesener Gast hatte ihm duch das Guckloch in der Tür ein Beil über den Schädel gezogen. Erst nach Monaten tauchte er wieder auf; mit einer Mütze auf dem Kopf. Auch bei "Haitian Divorce" lernte ich hier Friederike K. kennen. Erst bei meinem nächsten Besuch übernachtete ich bei ihr. Eine ganze Weile besuchten wir uns gegenseitig in Bonn und Heidelberg, wobei ich den Daumen in den Wind hielt. Wir liebten nicht nur uns im Bett, sondern auch die gleiche Musik. Natürlich hörte ich auch wieder bekannte Gruppen wie Lynyrd Skinnyrt und Frank Zappa. Champion Jack Dupree saß später in Tübingen zufällig in einem Restaurant am Tisch neben meiner Freundin An. und mir und ließ es sich nicht nehmen, uns Autogramme zu geben - unaufgefordert, versteht sich.
Eine ganze Weile lang trafen wir uns regelmäßig, meist in Bonn im Schwesternwohnheim zwei auf dem Venusberg, aber auch in Heidelberg, und ich lernte sogar ihre Eltern kennen, die zuhause in Ochtendung eine Kiesgrube hatten. Auch nach Südfrankreich und Spanien fuhren wir, mit einem Zelt und meinem Opel Kadett B, sierrabeige mit Fantasy Factory-Schriftzug. Und schließlich zog ich aus meinem Zimmer "An der Markscheide" aus und zum ersten Male in eine WG. Die war am Rande Rohrbachs in der Valentin Winter Straße, und ich konnte da hineinziehen, weil das Zimmer von Elisabeth Schulte, einer guten Freundin aus Neubörger im Emsland, freiwurde. Mit der war ich einmal mit dem Fahrrad auf den Königsstuhl, den höchsten Berg in der Gegend, gefahren; einer Wette halber. War das schön, als es vorbei war! Ihre Schwester kannte ich auch, und ihre Mutter und ihren Bruder lernte ich in Neubörger kennen. Jetzt lernte ich die möglichen Probleme in WGs endlich praktisch kennen: Mein Haarwaschmittel wurde gar nicht so rätselhafterweise immer leerer; in dieser Sache hatte ich Thomas im Verdacht, einen dicklichen Wuschelkopf. Hier ließ ich mich auf keinerlei Diskussionen ein, sondern kaufte ein neues Schampoo. Das alte ließ ich an seinem Platz; nicht, ohne vorher reingepinkelt zu haben. Schön, zu erleben, wie es auch weiterhin immer leerer wurde! Einer der Mitbewohner - ob dies auch Thomas war, weiß ich nicht mehr - putzte und spülte nie. Wie oft war er schon dazu aufgefordert worden! Nicht von mir. Als alle anderen eine Weile nicht da waren, tat mal ich nichts; garnichts, kein bißchen. Schließlich kam der Typ mit betretener Miene zu mir und meinte, es läge überall Dreck. "Ist das denn so schlimm? Irgendwie ist das doch normal", antwortete ich; und als er klagte: "Es stinkt aber schon so", antwortete ich ihm: "Dann mach doch die Fenster auf!" Kurz danach ging ich weg. Als ich diesmal wieder kam, war die Wohnung geputzt und das Geschirr abgewaschen. In der Badewanne mit Hilfe eines guten Freundes. Vor allem also machte ich Musik und half in der Freeclinik. Tanzen ging bzw. trampte ich natürlich auch noch. Nachdem ich zu Beginn meiner Zeit in Hei- delberg in einer gemischt Deutsch-Amerikanischen Band (aufgetreten sind wir nie) gesungen hatte, wurde ich Gitarrist und Sänger von "Fantasy Factory", die ich zusammen mit meinem Schulkameraden Roland Glaesser, mit dem ich schon bei "Vertingetorix" Musik gemacht hatte, gründete. Wir waren wirklich gut, entwickelten uns von einer Drei-Mann-Gruppe zu einer fünfköpfigen Band mit Sängerin und traten von Euskirchen bis Rottweil auf. Ich denke, wir galten eine Weile (zusammen mit Arayan) als beste Heidelberger Band. Wir hatten eine ganze Reihe von Auftritten vor mehreren tausend Leuten, z. B. beim Heidelberger Herbst, und spielten sowohl ein Abschiedskonzert zur Auflösung im Collegium Academicum, als auch als letzte Band in der Freeclinic. Als klar war, daß ich nicht in Heidelberg
bleiben würde, löste ich "Fantasy
Factory" auf und spielte mit anderen Musikern, so gründete
ich eine Band, die erste, in der ich Saxophon spielte - damit
hatte ich inzwischen angefangen, nachdem ich mir zuerst für
20,- DM eine gebrauchte Klarinette, die ich erst restaurieren
mußte, bevor ich darauf spielen konnte, und dann für
500,- DM ein gebrauchtes Saxophon, das mir An.s Bruder Thilo
vermittelte, gekauft hatte - und trat mit ein paar Freunden auf
dem Oberhof auf. Außer meiner Freundin An. traten hier
noch zwei Background-Sängerinnen auf. Fantasy Factory machte ihren letzten Auftritt im Schwimmbadrestaurant, wo wir schon zur Eröffnung gespielt hatten (und ich einmal von Trio {Da, da, da} nach Großenkneten eingeladen worden war; ich hatte mit ihnen Kicker gespielt). Unseren ersten Auftritt hatten wir noch im Collegium Academicum absolviert (vermittelt durch meinen alten Freund Christoph Mennel, der hier wohnte. Hier spielten wir auch, als es geschlossen wurde.), und zweimal waren wir beim Heidelberger Herbst aufgetreten, jeweils vor über zweitausend Leuten, in und vor der Mensa.
Verkauft habe ich bisher nur ein einziges Bild für fünf Mark; es tut mir auch einfach zu weh. Der andere Künstler in der Klasse, mein Freunde "Hacki", hat es immerhin bis zum Kunstlehrer geschafft. Warum ich auch kein Profimusiker geworden
bin? Es war einfach nicht mein Ding, mich zu verkaufen. |